Gefahrgut

Grundlagen

Was gilt als Gefahrgut?

Der Gesetzgeber definiert Gefahrgüter als „Stoffe und Gegenstände, von denen auf Grund ihrer Natur, ihrer Eigenschaften oder ihres Zustandes im Zusammenhang mit der Beförderung Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung, insbesondere für die Allgemeinheit, für wichtige Gemeingüter, für Leben und Gesundheit von Menschen sowie für Tiere und Sachen ausgehen können“ (Gefahrgutbeförderungsgesetz (GGBefG) i.d.F. vom 7.7.2009, §2). Dazu zählen u.a. Stoffe, von denen Explosionsgefahr ausgeht, die leicht entzündbar, giftig, ätzend oder infektiös sind.

Verschiedene Regelwerke kategorisieren Gefahrgüter detailliert und verweisen auf wichtige Vorschriften für deren Transport, z.B. bezüglich

  • zugelassener Mengen,
  • Verpackungen,
  • Kennzeichnung,
  • Zusammenladungen,
  • notwendigen Fahrzeugausstattungen,
  • erforderlichen Begleitdokumenten,
  • Notfallmaßnahmen oder
  • Schulung der Transportbeteiligten.

Wichtigste Rechtsgrundlage für die Gefahrgutbeförderung in Deutschland ist das GGBefG. Darin sind Regelungen zur Beförderung gefährlicher Güter mit allen Verkehrsträgern festgelegt. Das Gesetz definiert Beförderung nicht nur als Ortsveränderung, sondern zählt dazu auch die Übernahme und Anlieferung sowie zwischenzeitliche Aufenthalte des Gefahrgutes im Verlauf der Beförderung mit ein.

Je nach Transportmittel unterliegen Gefahrguttransporte unterschiedlichen gesetzlichen Regelungen:

ADR

Europäisches Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße

Gilt in der ganzen EU und assoziierten Staaten (u.a. EFTA-Länder, Weißrussland, Türkei, Marokko), sowohl bei nationalen als auch internationalen Beförderungen

RID

Regelung zur internationalen Beförderung gefährlicher Güter im Schienenverkehr

Gilt europaweit und im angrenzenden asiatisch-afrikanischen Mittelmeerraum bis in den mittleren Osten, sowohl bei nationalen als auch internationalen Beförderungen

ADN

Europäisches Übereinkommen über die Beförderung gefährlicher Güter auf Binnenwasserstraßen

Gilt in der EU und assoziierten Staaten, sowohl bei nationalen als auch internationalen Beförderungen

IMDG-Code

International Maritime Dangerous Goods-Code

Regelt den Transport gefährlicher Güter in der Seeschifffahrt weltweit, Herausgeber: IMO (International Maritime Organization)

Weitestgehend konform mit ADR und RID

UN Recommendations on the Transport

of Dangerous Goods

Internationale Grundlage des Gefahrgutrechts der Vereinten Nationen

Basis für die meisten verkehrsträgerspezifischen Regelwerke

Grundlage für die meisten zwischenstaatlichen Abkommen

Der Gefahrguttransport

Damit die internationalen Regelungen rechtskräftig sind, muss jedes Land sie in nationales Recht umsetzen. Für Deutschland gelten folgende Regelungen:

Speziell für den KV ist die Regelung aus der Gefahrgutverordnung Eisenbahn GGVE relevant, wonach der Wechselbehälter wie ein Container behandelt wird und somit auch den RID unterliegt.

Gefahrgutkennzeichnung (RID 5.2)

Versandstücke und Ladeeinheiten, die Gefahrgut enthalten, müssen spezifisch gekennzeichnet werden. Bis auf wenige Ausnahmen gelten weltweit und für alle Verkehrsträger die gleichen Grundsätze für die Kennzeichnung.

Gefahrgutklassen geben Auskunft darüber, ob und unter welchen Bedingungen ein Stoff transportiert werden darf. Die Klassifizierung eines gefährlichen Stoffes erfolgt durch den Hersteller. Bei der Übergabe zum Transport muss dieser alle sicherheitsrelevanten Informationen weitergeben und ist für deren Richtigkeit und Vollständigkeit verantwortlich. Bei der Ausweisung der Gefahrenklassen ist die Verwendung bestimmter Symbole verpflichtend.

Gefahrzettel (Placards) sind die jeweiligen Warnsymbole, die auf die vom Gefahrgut ausgehenden Gefährdungen aufmerksam machen. Der eigenverantwortliche Verpacker (der Produzent gefährlicher Güter oder der Großhändler) muss die Gefahrzettel auf sämtlichen Umschließungen (Verpackungen, Tanks), Containern und ggf. auch an Fahrzeugen anbringen. Bei der Beförderung gefährlicher Güter in Verpackungen sind Fahrzeuge und Container in den meisten Fällen nicht grundsätzlich mit Gefahrzetteln zu kennzeichnen. Bei Beförderung in Tanks oder loser Schüttung hingegen schon.

Orangefarbene Warntafeln verfügen über einen Nummern-Code, der auf mögliche Gefahren hinweist, und über eine UN-Nummer. Wird eine bestimmte geladene Menge eines Gefahrgutes beim Transport überschritten, muss das Fahrzeug mit orangefarbenen Warntafeln gekennzeichnet werden. Die Mengengrenzen sind von der Gefährlichkeit des jeweiligen Stoffes abhängig und können dem ADR entnommen werden. Wird der Gefahrwert „1000“ überschritten, ist eine Kennzeichnung des Fahrzeugs notwendig („1000-Punkte-Regel“). Auch hier gilt: bei Transport von Gefahrgut in Tanks oder loser Schüttung gilt eine generelle Kennzeichnungspflicht, auch unter der 1000-Punkte-Grenze.

Nicht zugelassene Stoffe im KV

Im KV können grundsätzlich alle Gefahrgüter transportiert werden. Verbotene Stoffe sind in der ADR/ RID in der Tabelle 1 ausgewiesen. Zusätzlich sind folgende Gefahrgüter nicht zugelassen:

  • Explosive Stoffe der Klasse 1 Verträglichkeitsgruppe A (UN Nummern 0074, 0113, 0114, 0129, 0130, 0135, 0224 und 0473)
  • Selbstzersetzliche Stoffe der Klasse 4.1, die eine Temperaturkontrolle erfordern (UN-Nummern 3231 bis 3240)
  • Organische Peroxide der Klasse 5.2, die eine Temperaturkontrolle erfordern (UN-Nummern 3111 bis 3120)
  • Schwefeltrioxid mit einem Reinheitsgrad von mindestens 99,95%, das ohne Inhibitoren in Tanks befördert wird (Klasse 8, UN-Nummer 1829)

Ladungssicherung

Der Zustand der Ladeeinheit und des Gutes müssen einen sicheren Transport erlauben. Flüssigkeiten oder Güter mit bestimmten Temperaturerfordernissen müssen in geeigneten Ladeeinheiten transportiert werden. Die Verpackung und die Ladungssicherung müssen mit den für den jeweiligen Verkehrsträger geltenden Vorschriften übereinstimmen. Mit der Übergabe der Ladeeinheit garantiert der Kunde, dass diese für den KV geeignet ist und das darin geladene Gut die Anforderungen für den sicheren Transport erfüllt.

Für den KV legt das ADR fest, wie bei Gefahrguttransporten Ladeeinheiten im Huckepackverkehr zu sichern sind. Entspricht die Ladeeinheit nicht den Versandbestimmungen, müssen die Mängel vor der Einfahrt in das Terminal behoben werden, ansonsten wird die Annahme der Ladeeinheit durch das Terminal verweigert.

Lagerung

Die Lagerung von Ladeeinheiten mit Gefahrgut wird in Umschlagsterminals unterschiedlich gehandhabt. Je nach Terminalinfrastruktur und entsprechenden Genehmigungen darf Gefahrgut entweder nur auf Eisenbahnwaggons abgestellt und maximal 21 Tage zwischengelagert oder länger als 21 Tage deponiert werden. Bei einer Lagerung  von Gefahrguteinheiten auf dem Boden bzw. einer längeren Lagerung sind spezielle Vorkehrungen erforderlich. So bedarf es einer gesonderten Lagerfläche, die über bestimmte Infrastruktur verfügen muss, wie z.B. ein speziell versiegelter Untergrund, ein Störfallbecken und Abscheider, die austretende Stoffe vom Eindringen in den Untergrund hindern.

ADR-Schein

Unternehmen und Fahrer, die Gefahrguttransporte durchführen wollen, benötigen eine besondere Erlaubnis. Der sog. ADR-Schein, ein Gefahrgutführerschein, kann in speziellen, kostenpflichtigen Schulungen erworben werden. In den Lehrgängen werden wichtige Informationen zum Umgang mit Gefahrgut, Ladungssicherheit und korrektes Verhalten bei einem Unfall mit Gefahrgut gelehrt. Für Gefahrgüter der Klasse 1 (Explosive Stoffe und Gegenstände) und Klasse 7 (Radioaktive Stoffe) sind über den Basiskurs hinaus spezielle ADR-Aufbaukurse erforderlich. DEKRA und TÜV, aber auch regionale Einrichtungen bieten solche Schulungen an. Die Prüfung wird bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) abgenommen. Die ADR-Bescheinigung erhalten die Fahrer in Form einer Scheckkarte. Der ADR-Schein gilt für fünf Jahre und kann nur durch einen Auffrischungskurs verlängert werden. Der Arbeitsgeber kann die Kosten für die Schulungen für seine Lkw-Fahrer übernehmen, ist dazu jedoch nicht verpflichtet.

Transportpapiere

Erforderliche Begleitpapiere für den Gefahrguttransport auf der Straße sind nach dem ADR:

  • Beförderungspapiere
  • Schriftliche Weisung/ Unfallmerkblatt für den Fahrer
  • Zulassungsbescheinigung für Fahrzeuge zur Beförderung bestimmter gefährlicher Güter
  • Bescheinigung über Schulung von Fahrern (ADR-Schein)
  • Container-Packzertifikat
  • Besondere Begleitpapiere bzw. Bescheinigungen (erforderlich für Transport bestimmter Gefahrgüter)

Gefahrgutbeauftragte

Aufgrund des Gefahrgutbeförderungs-gesetzes wurde die sogenannte Gefahrgut-beauftragtenverordnung (GbV) erlassen, die vorschreibt, dass es in Speditionen einen Gefahrgutbeauftragten geben muss. Dies kann der Unternehmer selbst, ein/e Mitarbeiter/in oder auch eine externe Person sein. Zur Verantwortung der oder des Gefahrgutbeauftragten gehört, für die Einhaltung der geltenden rechtlichen Bestimmungen für Gefahrguttransporte zu sorgen. Konkret muss er oder sie z.B. die Einhaltung gesetzlicher Regelungen überwachen, der Unternehmensleitung Mängel melden und Beratung hinsichtlich einer Erhöhung der Sicherheit leisten. Nach Vorbild des GbV wurde 2000 eine vergleichbare Regelung für die gesamte EU und im Anschluss auch für einige weitere Staaten verabschiedet.

Sonstige Sicherheitsvorschriften

  • Greift die „1000-Punkte-Regel“, führt dies neben der Pflicht zur Fahrzeug-Kennzeichnung auch zu weiteren Pflichten, z.B. einer speziellen Fahrerschulung, der Mitgabe von Unfallmerkblättern und Schutzausrüstung, sowie einem Fahrverbot auf bestimmten Strecken.
  • Ladeeinheiten mit Gefahrgutladung werden dem Straßenabholer vom Terminal erst übergeben, wenn dessen Identität gemäß den Prozeduren im Terminal geprüft ist (geregelt in 1.10 ADR/RID). Außerdem können zusätzliche Kontrollen vom Terminalbetreiber durchgeführt werden, insbesondere die Zulassungsbescheinigung der Ladeeinheit oder des Fahrzeuges, der ADR-Schein des Fahrers und das Vorhandensein der schriftlichen Weisung im Fahrzeug.

Angaben an KV-Gesellschaften

Beim Gefahrguttransport im KV müssen entweder mit der Buchung oder spätestens bei der Anlieferung der Ladeeinheit am Terminal laut ADR / RID u.a. folgende Angaben an die KV-Gesellschaft übermittelt werden:

  • Offizielle und technische Benennung des Gefahrgutes
  • UN-Nummer des Gutes
  • Ggf. Angaben von Sondervorschriften
  • Ggf. die Verpackungsgruppe
  • Bei begrenzter Menge: Angabe der Bruttomasse
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vgl. UIRR/SGKV scrl, (2013)
vgl. Hölser et al. (2015), Leitfaden für Spediteure und Logistiker in Ausbildung und Beruf
vgl. Hölser et al. (2016), Grundwissen Spedition und Logistik
vgl. Posset et al. (2014), Intermodaler Verkehr Europa
vgl. Voth & Hesse (2017), Leistungsprozesse Spedition und Logistik